FUST-Tirol    Positionen

Zukunftsfähige Almwirtschaft, Almdüngung


Anlass für die vorliegende FUST-Position waren die Ergebnisse einer Fachtagung zum Thema "Die Auswirkung der unterschiedlichen Düngungsweisen auf Almen" am 15. Juni 2012 in Pertisau (Tirol), veranstaltet vom FUST-Tirol, dem Alpenpark Karwendel sowie der Österreichischen Bundesforste AG.

Ausgangslage

Nicht fachgerecht ausgebrachte Gülle. Dies ist leider kein Einzelfall.
Nicht fachgerecht ausgebrachte Gülle. Leider kein Einzelfall.

Die Freigabe der Milchkontingente auf den Almen Ende der 70er Jahre und eine entsprechende Förderpolitik führten zu einer Expansion der intensiven Milchproduktion von den Tallagen auch in die Almregionen. Einhergehend mit der Intensivierung folgte auf den Almen die Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur, wie z.B. Aufschließung der Almen, Adaption der Baulichkeiten und Umstellung der Düngungsweise hin zur intensiven Güllung. Die ertragsoptimierte Almwirtschaft verursachte häufig eine Entwicklung hin zu artenarmen Fettwiesen auf jenen Almteilflächen, die maschinell gedüngt werden konnten. Öffentliche Interessen wie Naturschutz und Schutz vor Naturgefahren sowie Interessen von Jagd oder Forst blieben dabei oft unberücksichtigt. Die folgenden Ausführungen sollen Lösungsansätze für eine nachhaltige Almwirtschaft, die besser im Einklang mit der Natur und anderen Landnutzern steht, bieten (Kreislaufwirtschaft).

Grundsätze für die Zukunft

  • Verstärkte Rücksichtnahme auf ein über Jahrhunderte entstandenes Mosaik von unterschiedlichen Lebensräumen in den Almgebieten. Das Zusammenspiel von intensiven bis hin zu sehr extensiv genutzten Flächen bildet die Grundlage der hohen Biodiversität auf den Almen. Auch kleine Sonderstandorte wie Feuchtgebiete, Fließgewässer, Magerrasen und auch Landschaftselemente wie Trockenmauern sollen wieder Berücksichtigung finden. Der Erhaltung bzw. Wiederbewirtschaftung von aufgelassenen Bergmähdern kommt eine wichtige Bedeutung zu. Dafür gilt es entsprechende Anreize zu schaffen.
  • Verstärkte Förderung einer wieder mehr nachhaltigen und kostensparenden Bewirtschaftung am Heimhof, z.B. durch leichtere, ursprüngliche und genügsamere Rinderrassen. Die Vermeidung von exzessiven Trittschäden und dadurch bedingten Erosionen wäre möglich.
  • Ein Abweiden aller Bereiche, auch von Randbereichen von Almflächen, könnte durch eine Weidefolge von Rind – Pferd - und Kleintieren erzielt werden (jedoch unter Berücksichtigung der Walderhaltung im Rahmen der Waldweide). Verlorengegangene Weideflächen im Randbereich bestehender Almen sollten durch Schwenden wiederhergestellt werden. Übergangsbereiche zum Wald sind, wenn nötig, zu schaffen. Vorab Absprache solcher Schwendmaßnahmen (*1) zwischen Grundeigentümern und den anderen regional zuständigen Landnutzern (Naturschutz).
  • Systeme, denen ständig zusätzliche Stoffe, über den natürlichen Kreislauf hinaus, zugeführt werden, sind nicht nachhaltig. Aus diesem Grund muss der Gedanke der Kreislaufwirtschaft im Zentrum der alpinen Landwirtschaft stehen (siehe Karl Buchgraber "Kreislaufbezogene Nährstoffversorgung von Almweiden und Wildäsungsflächen" *2). Düngung und Weidewirtschaft sollten darauf abzielen, mit dem natürlichen Nahrungsangebot auf der Alm die Nutztiere hinreichend zu versorgen. Ausgleichsfütterungen gemäß ÖPUL Richtlinien sind auf das allernotwendigste zu beschränken (Zufütterung von Silage, Kraftfutter und angekauftem Heu). Futter für Notzeiten sollte vermehrt wieder auf Almangern vor Ort geworben werden. Ebenso sind intensive Düngeformen (z.B. mit Gülle vom Heimhof) möglichst einzuschränken. Die Gefahr einer verstärkten Verbreitung von Krankheiten (z.B. Paratuberkulose, Leberegel) durch die Ausbringung der Gülle mit Hochdruckfässern, darf nicht unterschätzt werden. Eine Verunreinigung von Quellgebieten durch übermäßigen Düngereinsatz muss ebenso vermieden werden. Dieser Forderung kann durch eine zeitlich, örtlich und mengenmäßig angepasste Düngung am besten entsprochen werden.

Maßnahmen-Vorschläge (Beispiele)

  • Adaptierung des Fördersystems als Anreiz für den Landwirt, angepasste Rinderrassen zu halten und mit den am Heimhof produzierten Futtermitteln auszukommen.
  • Beim Nutzen der Almflächen im Rahmen der Kreislaufwirtschaft gilt es die Interessen des Naturschutzes, der Jagd, des Forstes und anderer Naturnutzer zu berücksichtigen. Bewirtschaftungs- und Naturschutzpläne auf den Almen haben sich als ein taugliches Mittel zur Erreichung der geforderten Ziele erwiesen. Die Förderung der Tag- und Nachtweide kann einem hohen Düngeranfall entgegenwirken.
  • Bewusstseinsbildungen der Landwirte durch eine entsprechende Ausbildung an Landwirtschaftsschulen oder über Fortbildungsinstitute sind unbedingt notwendig.
  • Schaffung eines Anreizsystems für die Anstellung von qualifiziertem, geschultem Almpersonal.
  • Der wirtschaftliche Ertrag könnte über Vermarktung regionaler Produkte (z.B. Bio vom Berg, Zillertaler Heumilch, Käse von der Engalpe) erhöht werden.
  • Almprämierungen sind ein gutes Instrument um einen Anreiz für gute Arbeit auf der Alm zu schaffen.

Weiserpflanzen – wie diese Knabenkrautart – zeigen, dass keine Überdüngung vorliegt.

Weiserpflanzen – wie diese Knabenkrautart – zeigen, dass keine Überdüngung vorliegt.

Fazit

Nachhaltige Beweidung im alpinen Bergland kann Vorteile für unterschiedliche Interessengruppen bringen und zu einer hohen Biodiversität beitragen. Bei der landwirtschaftlichen Nutzung und Gestaltung von Almflächen sollten die bestehenden Potenziale einer optimalen Abstimmung mit Naturschutz, Jagd, Freizeitaktivitäten und forstlichen Erfordernissen stärker berücksichtigt und gefördert werden. Ein ganzheitlicher, integraler Planungsansatz zum Vorteil aller beteiligten Landnutzer erfordert entsprechend ausgebildete Personen und verstärkte Kooperation. Der Alpenpark Karwendel, die ÖBf AG und FUST-Tirol e V. unterstützen die Entwicklung einer integrativen, zukunftsfähigen Almwirtschaft.

*1 siehe hierzu: www.wikipedia.de/Schwendbau
*2 Beitrag von Karl Buchgraber unter www.fust.at abrufbar


Für die Arbeitsgruppe:

• Dr. Michl EBNER und WM Pepi STOCK (FUST)
• DI Roman BURGSTALLER und Dr. Friedrich VÖLK (ÖBf-AG)
• Mag. Hermann SONNTAG (Alpenpark Karwendel),
• Univ. Prof. Dr. Friedrich REIMOSER (Vetmeduni Wien).

Fotos: FUST-Tirol

Zitierweise:
FUST-Tirol (2014): Zukunftsfähige Almwirtschaft, Almdüngung. – FUST-Position 10; Forschungs und Versuchsprojekt „Alpine Umweltgestaltung” des Förderungsvereins für Umweltstudien (FUST-Tirol, Achenkirch); www.fust.at; 4 Seiten.

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